Sommerekzem bei Pferden
von Katrin Affolter - Ein kleines, summendes Tierchen, welches nicht grösser als sechs Millimeter ist, bringt ein 500 Kilo schweres Pferd und seinen Besitzer an den Rand des Wahnsinnes. Den einen wegen des unerträglichen Juckreizes der nicht weniger wird. Den anderen weil er zuschauen muss und nur mit viel Geduld die richtige Zusammenstellung an Hausmitteln, Industrieprodukten und vom Arzt verschriebene Medikamente findet.
Beim Sommerekzem handelt es sich um eine allergische Reaktion auf die ausgestossenen Toxine von Gnitzen und Kriebelmücken. Die Allergene verursachen eine Sensibilisierung des Pferdes, was meist in der nächsten Saison zum Sommerekzem führt.
Bei den Gnitzen und Kriebelmücken sind nur die Weibchen Blutsauger. Um ihr Opfer zu finden, verlassen sie sich auf ihren Geruchssinn. Kriebelmücken sind zwischen zwei und sechs Millimeter gross, Gnitzen werden maximal zwei Millimeter gross. Von April bis Oktober, wenn die Temperaturen konstant über zehn Grad Celsius steigen, sind sie unterwegs. Sie bevorzugen warme, feuchte und windstille Orte. Gestochen wird an Stellen mit senkrechten Haaren, hier gelangen sie am Leichtesten bis zur Haut. Die Folge bei einem Ekzem ist starker Juckreiz und Pusteln, wobei die Pusteln in Relation zum stechenden Weibchen zu sehen ist - also sehr klein. Wegen des starken Juckreizes kratzen sich die Pferde, dabei öffnen sich die Pusteln und es entstehen offene Wunden. In diese gelangen Bakterien, welche durch das Kratzen immer tiefer gelangen, was eine Entzündung zur Folge hat. Der bekannte ausgedünnte Schweif und die verwüstete Mähne sind genauso sekundäre Folgen des Stiches, sie entstehen durch das konstante Kratzen: Die Haare brechen ab und hinterlassen kahle Stellen. Kratzt sich das Pferd über längere Zeit, so verdickt sich die Haut und es entstehen Falten. In diesen können sich übelriechende, nässende und eitrige Oberflächen finden, welche das Sommerekzem verschlimmern.
Eine Heilung ist nicht möglich, aber mit den richtigen Massnahmen kann man den Pferden ein halbwegs juckfreies und damit stressfreies Leben ermöglichen.
Als Erstes sollte man das betroffene Pferd nur auf trockene Weiden stellen, am Besten wäre noch ein stetiger Wind, doch dies lässt sich meistens nicht umsetzen. Das Pferd sollte ausserdem nicht während der Dämmerungen – Sonnenaufgang und Sonnenuntergang - auf der Weide stehen, da dies die Hauptaktivitätszeit der kleinen Plagegeister ist. In der Nacht ist also die beste Zeit für Ekzemer, eigentlich auch während der Mittagshitze, aber hier werden die Pferde von anderen lästigen Tieren wie den Bremsen geärgert. Weiter kann man versuchen die Kriebelmücken und Gnitzen auszutricksen, dabei geht es um den Körpergeruch des Pferdes. Knoblauch verfüttern ist eine Möglichkeit um den Geruch zu ändern, da aber nicht jedes Pferd Knoblauch mag, sollte dies zuerst mit kleinen Mengen getestet werden. Ausserdem sind Sprays gegen Fliegen und Co. angebracht, auch hier ist ausprobieren angesagt. Die Industrie bietet mittlerweile eine Vielzahl an Produkten, auch eine eigene Abteilung für Pferde mit Sommerekzem. Wer sich auf Hausmittel versteht, kann natürlich individuelle Sprays herstellen. Dabei ist aber Vorsicht geboten, Teebaumöl ist zwar sehr wirkungsvoll, aber kann genauso eine weitere Allergie hervorrufen. Die bekannteste Variante des Schutzes ist die Ekzemerdecke die das gesamte Pferd einhüllt. Dies ermöglicht dem Pferd die Freiheit der Weide zu geniessen und doch einen gewissen Schutz vor den Blutsaugern haben.
Eiweisshaltige Nahrung soll mit ein Auslöser der allergischen Reaktion sein, nicht der Grund für die Reaktion, daran sind die Gnitzen und Kriebelmücken schuld, aber es soll die Chance erhöhen, dass auf die Allergene eine Reaktion entsteht. Daher sollte auf eine eiweissarme Nahrung geachtet werden. Auch Mangel an Vitaminen, Mineralstoffen, Aminosäuren oder Spurenelementen können eine Allergiebereitschaft fördern. Hierbei sollte aber auf das individuelle Pferd eingegangen und ein Blutbild gemacht werden, denn Überschuss ist genauso ungesund wie zu wenig. Frau Aeberhard (www.animalife.ch) hat uns einige Tips:
„Es sollte auf optimale Bedingungen geachtet werden, zum Beispiel einige Tage nur Magerkost (Heufütterung), anschliessend kontrollierte Gabe von Grünfutter und ausreichende Beifütterung von Raufutter. Blutkontrollen auf eventuelle Mängel, bei Bedarf Gabe und Ausgleich der Mangelsituation. Von Standardmineralfutter, welche hohe Mengen an Vitamin A und D3 enthalten, würde ich während der Sommermonate, wenn die Tiere Weidegang haben, abraten. Die hohen Dosen könnten sich negativ auf den Hautstoffwechsel auswirken.“
Herr Jäggin (www.pferdetierarzt.ch) ist für eine einfache Fütterung, die dasselbe Ziel hat und leicht umzusetzen ist:
„Fütterung ist ein wichtiger Faktor wobei ich nicht den Grund nennen kann. Ich denke möglichst einfache Fütterung, Raufutter und Wasser ist wichtig. Möglichst wenig Zusatzstoffe.“
Die erste Anlaufstelle ist oft der Tierarzt. Diese können den Pferdebesitzern die Diagnose mit Hilfe eines Antikörpertest sichern, danach geht die Behandlung weiter. Die Mittel für einen Tierarzt sind begrenzt, so versucht auch Herr Jäggin (www.pferdetierarzt.ch) sein Bestes und meist sieht die Behandlung folgendermassen aus:
„Ich rate meistens zur Sommerekzemdecke. Lokale Behandlung und bei starken Fällen Cortisonbehandlung.“
Je nach Einstellung des Besitzers reicht diese Therapie aus. Darin liegt auch der grosse Unterschied in den Therapien: einige Besitzer sind zufrieden wenn das Pferd nicht mehr dauernd am Scheuern ist und es keine entzündete Stellen mehr hat. Andere dagegen sind erst zufrieden wenn die Mähne wieder einigermassen vorhanden ist. Wieder andere wollen ihr Pferd erlösen und würden alles tun, diese sind erst zufrieden wenn ihr Vierbeiner wieder glücklich mit den anderen Pferden auf der Weide steht und auch aussieht wie ein gesundes Tier.
Die Letzteren sind auch jene die meistens mit der Schulmedizin nicht an ihr Ziel kommen und irgendwann zu den Alternativmedizinern gehen, oder jene Besitzer deren Tiere so schlimm betroffen sind das weder Decken noch Cortison helfen können. Alternativmediziner haben also häufig mit schweren Fällen zu kämpfen die schon lange erkrankt sind. Sowohl für Mediziner als auch für Patient ist dies nicht die optimale Grundlage. Frau Aeberhard (www.animalife.ch) erklärt wo das Problem bei Fällen, ist die schon mehrere Jahre an Sommerekzem leiden:
„Je länger eine Krankheit besteht, umso länger dauert in den meisten Fällen die Behandlung. Dies trifft auch in der Homöopathie zu. Als Faustregel gilt hier: Ein Jahr Krankheit entspricht einem Monat Behandlungszeit. Es ist aus diesem Grund einfacher einen Patienten zu behandeln dessen Krankheit sich nicht über Jahre manifestieren konnte.“
Bei der Homöopathie wird die gesamte Krankheitsgeschichte des Pferdes betrachtet. Noch einmal wird Frau Aeberhard (www.animalife.ch) zitiert. Sie erklärt die Auswahl des Medikamentes in der Homöopathie:
„Der Vergleich des Krankheitsbildes sollte sich möglichst mit dem Arzneimittelbild decken. In der klassischen Homöopathie wird immer nur ein Mittel verschrieben welches bei Bedarf wiederholt oder durch Nachfolgemittel ergänzt werden kann. Aus diesem Grund sollten auch nie Arzneimittelkombinationen verabreicht werden.“
Neben der Homöopathie und der Schulmedizin gibt es noch die altbewährten Hausmittel. Für die verschiedenen Symptome gibt es verschiedene Kräuter oder Anwendungen die helfen. Viele Heilkräuterbücher liefern umfangreiches Wissen und oft auch nützliche Tips für Sommerekzem. Dabei sollte aber eines beachtet werden: Keine Kräuter, die das Immunsystem stärken! Diese würden die allergische Reaktion nur noch verstärken.
Wie viele Möglichkeiten es im Bereich der Hausmittel gibt, wusste Herr Jäggin (www.animalife.ch):
„Eine Maturandin hat im Internet circa 100 verschieden Hausmittel-Therapien für das Sommerekzem gefunden.“
Mit all diesen Mitteln lässt sich sicher auch für das eigene Ekzempferd eine gute Lösung finden. Dennoch sollte man immer daran denken, nur weil ein Pferd keine Symptome mehr hat, ist es trotzdem ein Ekzemer und diese allergische Reaktion kann weitervererbt werden.
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